Video: Where Do We Find Ourselves…

Kurator: Jen Kratochvil
…In a series of which we do not know the extremes, and believe that it has none. We wake and find ourselves on a stair; there are stairs below us, which we seems to have ascended; there are stairs above us, many a one, which go upward and out of sight.
Ralph Waldo Emerson, Essays: Second Series, Experience, 1844
Sind wir verloren? Und wer ist dieses „wir“, wenn wir uns die gegenwärtigen beispiellosen gesellschaftlichen Verwerfungen vor Augen halten?Historische Lehren, die zeitlos gültig zu sein schienen, haben ihre Relevanz eingebüßt, weil es die Geschichte selbst ist, die an vorderster Front unserer intellektuellen und physischen Trennlinien steht. Uns fehlen anwendbare Modelle, und das ständige Suchen nach neuen Systemen oder ihren vernachlässigbaren, in Übereinstimmung gebrachten Updates lässt uns in einem Zustand der Ermattung, beinahe der Lähmung zurück. Das Hin- und Herspringen zwischen den Extremen ist in der Tat erschöpfend; der Mittelweg nur öde.
Ein Frosch versucht verzweifelt, durch den Bildschirm hindurch auf die andere Seite zu springen, ohne wirklich zu wissen, was eine derartige Veränderung des Umfeldes und der Bedingungen mit sich bringen würde; aber er hält es für wichtig, aus welchen Gründen auch immer. Sein Amphibiengehirn empfindet solch ein Unterfangen als bedeutsam und potenziell einfach. Wer weiß, vielleicht verschwindet die unsichtbare Barriere, wenn er nur oft genug springt, und eröffnet seinem Leben einen neuen Bereich an Möglichkeiten. Die Essenz liegt in der dem Sisyphus gleichenden Wiederholung und der Hingabe daran. Während die alte Puppe bereits jegliche bewusste Aktivität aufgegeben hat und tief eingetaucht ist in die Freuden des Ketaminrausches, klettern die Leute der frühen 70er Jahre aus dem ehemaligen sowjetischen Block noch immer täglich auf und ab auf der Rolltreppe der noch nicht existierenden U-Bahn, die sie durch ihre tägliche Routine transportieren soll. Nur eine selbstverordnete selige Ignoranz kann dies erleichtern. Wie soll man einen Spalt finden in der Struktur des hierarchisch organisierten und fast eschatologisch determinierten Stoffes, aus dem die Wirklichkeit gewoben ist. Hilft es, Geschlechtsverkehr mit einer Silikonpuppe zu haben? Gibt es etwas wie die Macht der Masse, die einen/e vor der Verantwortung abschirmen könnte? Konsultiert man kosmische Wesenheiten um Trost zu finden? Soll man sich selbst organisieren? Oder soll man sich in den tiefen eines Urwaldes isolieren? Gründet man eine Kommune? Oder bleibt man bei seiner/ihrer Tastatur, benommen von ihren allzu bekannten sanften Klickgeräuschen? Sei nur vorsichtig und warte, bis dein Nagellack vollständig trocken ist. Schichten der Stadt, die Landschaft, der Strand, Wolken, der Verstand und seine fragile Gesundheit sind alle miteinander verwoben und springen durch den Bildschirm. Jeder/e für sich, als Gruppe oder Ideologie, freudig in Richtung auf etwas „Neues” hin.
„Where Do We Find Ourselves…” möchte historische und zeitgenössische künstlerische Positionen aus dem Feld der zeitbasierten Medien präsentieren, indem jene Stränge von Kausalitäten und Einflüssen gleichsam wie mit einem Zoom-Objektiv aus der Nähe und aus der Ferne betrachtet werden, die uns zu unserem heutigen Moment der Unsicherheit geführt haben. Und darüber hinaus, in die Unsichtbarkeit. So düster dies auch klingen mag, es bleibt doch immer Platz für das Lachen.
Hynek Alt, Untitled (Spejbl, ketamine), 2020
Anetta Mona Chisa, Tell me, dust, about your complicated matter, 2020
Katrina Daschner, Pferdebusen, 2017
Gusztáv Hámos & Katja Pratschke, Cities (Potential Space), 2014
Ursula Mayer, Atom Spirit, 2017
Marie Lukáčová, Skuzomeetzah, 2019
Kinga Kiełczyńska, 10 millions + 1 (The Hermit), 2019
Martin Kohout, Frogless, 2019-2020
Liam Gillick, Pelin Tan: A film by Liam Gillick, 2019
Liam Gillick, Critchley and Simmons, The Lovers Room, 2020
Sidsel Meineche Hansen, Maintenancer, 2018
Patric Fabian Panetta, Cafe Durban, 2020
Agnieszka Polska, Perfect Lives, 2019
Jan Ságl, UNDERGROUND, 1972
Max Vajt, Up in the Sky, 2020
Clemens von Wedemeyer, 70.001, 2019
Programm:
Dienstag 22/09
Hynek Alt, Untitled (Spejbl, ketamine), 2020
Jan Ságl, UNDERGROUND, 1972
Patric Fabian Panetta, Cafe Durban, 2020
Mittwoch 23/09
Hynek Alt, Untitled (Spejbl, ketamine), 2020
Anetta Mona Chisa, Tell me, dust, about your complicated matter, 2020
Agnieszka Polska, Perfect Lives, 2019
Liam Gillick, Pelin Tan: A film by Liam Gillick, 2019
Donnerstag 24/09
Hynek Alt, Untitled (Spejbl, ketamine), 2020
Max Vajt, Up in the Sky, 2020
Sidsel Meineche Hansen, Maintenancer, 2018
Freitag 25/09
Hynek Alt, Untitled (Spejbl, ketamine), 2020
Gusztáv Hámos & Katja Pratschke, Cities (Potential Space), 2014
Liam Gillick, Critchley and Simmons, The Lovers Room, 2020
Samstag 26/09
Hynek Alt, Untitled (Spejbl, ketamine), 2020
Kinga Kiełczyńska, 10 millions + 1 (The Hermit), 2019
Katrina Daschner, Pferdebusen, 2017
Clemens von Wedemeyer, 70.001, 2019
Sontag 27/09
Hynek Alt, Untitled (Spejbl, ketamine), 2020
Ursula Mayer, Atom Spirit, 2017
Martin Kohout, Frogless, 2019-2020
Marie Lukáčová, Skuzomeetzah, 2019
Jen Kratochvil (1986) ist Kurator und Autor. Er lebt in Prag und Wien und konzentriert sich hauptsächlich auf zeitbasierte künstlerische Praktiken in den Bereichen Medien, Architektur und Forschung. Kratochvil betreibt zusammen mit Hynek Alt das Studio für Neue Ästhetik in der Abteilung für Fotografie der FAMU in Prag. Unter anderem hat er einen Ausstellungszyklus in der Abteilung für bewegte Bilder in der Nationalgalerie Prag mitkuratiert, ein Filmprogramm der Galerie Plato in Ostrava, sowie das Fotograf Festival 2017 und das m3 Kunst im öffentlichen Raum Festival 2018 (beides in Prag) kuratiert . Derzeit ist er verantwortlich für ein Filmprogramm namens Rudolfinum_Time-based in der Galerie Rudolfinum in Prag. Neben diesen langfristigen Projekten ist Kratochvil als unabhängiger Kurator tätig. Seit 2017 leitet er gemeinsam mit Laura Amann den Wiener Kunstraum Significant Other. Kratochvil schreibt regelmäßig Beiträge für diverse Kunstmagazine und Online-Medien.
Mit freundlicher Unterstützung des Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport.